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Über Volunteering bei GoBanyo. Ein Ehrenamt, das viel verlangt und noch mehr zurückgibt.

Mit dem Duschbus und dem Duschdorf bietet die gemeinnützige Organisation GoBanyo wohnungslosen Menschen eine Möglichkeit, sich privat und würdevoll zu waschen. Daher kommt auch der Slogan des Vereins 'Würde durch Waschen’...

letsact-Team
Christian Sobiella mit Hund Björk vor dem Banner "Waschen ist Würde".
Christian Sobiella und sein Hund Björk. Er glaubt an Karma: So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus. (Foto: Tugce Okur)

“Wer immer wie Dreck behandelt wird, fühlt sich irgendwann selber wie Dreck.” Mit diesem Zitat prägte Dominik Bloh, Autor und Mitbegründer von GoBanyo, die gemeinnützige Organisation. Menschen auf der Straße hätten ein Hygienebedürfnis, wie alle anderen auch. Öffentliche Duschen seien aber rar, kosteten Geld und seien oft nicht einfach zu erreichen.

Mit dem Duschbus und dem Duschdorf nimmt sich die gemeinnützige Organisation GoBanyo diesem Problem an und bietet Menschen ohne den Zugang zu sauberen Sanitäranlagen eine Möglichkeit, sich privat und würdevoll zu waschen. Daher kommt der Slogan des Vereins 'Würde durch Waschen’.

Das Ehrenamt auf der Straße ist nicht das leichteste, dennoch gibt es mehr als es nimmt. Dem einen hilft es durch die Pandemie und der anderen verdeutlicht es immer wieder aufs Neue, wie klein die eigenen Probleme sind. 

“Es gibt viel mehr, als es nimmt und man muss keine Berührungsängste haben.”


Seit 2019 fährt der Duschbus durch die Straßen Hamburgs. Der Bus erscheint wie ein ganz normaler Linienbus und ist mit drei komplett eingerichteten Badezimmern ausgestattet. 2020 wurde auch das Duschdorf eröffnet. An beiden Standorten leisten dutzende Unterstützer:innen Hilfe zur Selbsthilfe für Obdachlose. Von 9.00 (Duschdorf) bzw. 10.00 (Duschbus) bis 14.00 Uhr bietet GoBanyo an seinen Betriebstagen Obdachlosen die Möglichkeit, sich zu duschen, frische Kleidung und Hygieneartikel zu bekommen und sich aufzuwärmen. 

Es ist ein ruhiger Sonntag im Frühsommer. Tugce und ich sind mit dem Team von GoBanyo zum Interview verabredet. Nach Dienstschluss haben sich Stella, Christian, Susann und Anselm Zeit genommen, um uns von der Mission von GoBanyo zu erzählen und uns Einblicke in ihre Arbeit zu geben. Wir sind neugierig und freuen uns auf die Gespräche, sind aber auch angespannt. Obdachlosigkeit ist kein Thema, mit dem wir in unserem Alltag normalerweise in Berührung kommen, außer in U-Bahn-Stationen, auf Einkaufsmeilen, in Bussen und Bahnen. Es fühlt sich komisch an, dass uns ein so wichtiges Thema so fern und unbekannt ist.

Als wir ankommen, herrscht noch reger Betrieb im Duschdorf vor dem Amtsgericht nahe des Hamburger Doms. Das Duschdorf ist von hohen Bauzäunen mit Blickschutz umgeben. “Waschen ist Würde” steht auf dem bunten Banner, das gelb, orange und blau in Wellenform verläuft. 

Nachdem wir vorsichtig durch einen halbgeöffneten Teil des Zauns laufen, begegnen wir einigen Duschgäst:innen, die im Eingangsbereich warten. Ein Gast holt sich noch schnell ein Deodorant bei Christian ab, während die anderen Gäste ihre Sachen packen und gehen. Wir fühlen uns sicher im Inneren des Duschdorfs. Ein Dach über den Container-Badezimmern schützt vor Wind und Regen. Stella steht am Empfang auf der linken Seite inmitten der drei vollausgestatteten Badezimmer in separaten Containern - offen und zugänglich für alle. Jedes Badezimmer  ist mit Waschbecken, Dusche und Toilette ausgestattet. 

Eingang zum Duschdorf von GoBanyo.
Der Eingang des Duschdorfs in den geschützten Innenbereich. ‘Waschen ist Würde’.
(Foto: Tugce Okur)

Das Team ist beschäftigt, um die einzelnen Kabinen des Duschdorfs zu reinigen und sich von den letzten Gäst:innen zu verabschieden. Tugce und ich ziehen uns zurück und warten auf einer Biergarnitur hinter dem Kleidungscontainer. Wir sind beide nervös und fragen uns, wie wir im Gespräch mit den Freiwilligen am besten mit so sensiblen Themen wie Obdachlosigkeit und Hygiene umgehen. 

“GoBanyo hat auch mir durch die Pandemie geholfen.”


Unsere Aufregung verfliegt in dem Moment, in dem Christian sich mit seinem Hund Björk zu uns setzt und uns nüchtern und doch emotional über sein Ehrenamt erzählt. Christian kommt aus Bayern, lebt aber schon seit 1996 in Hamburg. Er arbeitet als freier Journalist und während seiner Zeit als Textchef bei ENORM hat er unter anderem eine Geschichte zur Obdachlosigkeit betreut. “Arm in einem reichen Land” war der Titel seines Beitrags. Auch bei den ersten Online-Texten von Viva con Agua findet man ihn als Autor wieder. Als Christian noch in St. Pauli gelebt hat, ist er am Millerntor auf den Duschbus aufmerksam geworden. Im August 2021 hatte er seine erste Schicht bei GoBanyo. Am meisten Spaß macht ihm die Zusammenarbeit mit seinem Team. Vor allem während seines Umzuges von St. Pauli nach Barmbek hat das GoBanyo Team Christian Halt gegeben. Der soziale Kontakt bei der ehrenamtlichen Arbeit bei GoBanyo tat ihm gut. 

“Ich wollte ein Stück weit etwas zurückgeben, weil ich in den letzten Jahren ziemlich viel Glück hatte.”

Susann wurde von ihrer Freundin und Arbeitskollegin Sandra an Bord geholt. Sandra ist schon länger bei GoBanyo und als weitere Fahrer:innen für den Bus gesucht wurden, musste sie sofort an Susann denken. Sie selbst ist seit Anfang an dabei und hat den allerersten Duschgast im Bus begrüßt.

Von links nach rechts: Susann, Stella & Anselm vom operativen GoBanyo-Team
Von links nach rechts: Susann, Stella & Anselm vom operativen GoBanyo-Team
(Foto: Tugce Okur)

Christian und Susann unterstützen GoBanyo wöchentlich als freiwillige Helfende. Sie sind aus unterschiedlichen Gründen zu GoBanyo gekommen, sind sich aber in einer Sache sehr einig: “Dieses Ehrenamt gibt mehr, als es nimmt.”.

Was man so sieht, nimmt selbst Anselm, trotz seiner jahrelangen Erfahrung, “manchmal mit”. Nach seinen Schichten kommt es vor, dass er “mit feuchten Augen in den Bus steigt”. Das Wegfahren sei das Schwerste an einer Schicht. Die Ehrenamtlichen lernen ihre Grenzen zu ziehen, denn wenn der Duschbus wieder wegfahre, “überlassen sie alle Gäst:innen wieder sich selbst.” 

Nur eine Momentaufnahme

Und doch so wertvoll. Emotionen gehören zu der Arbeit bei GoBanyo. “Das Grundvertrauen, das uns entgegengebracht wird, ist wunderschön”. Dabei ist es nicht GoBanyo’s Mission zu belehren, sondern einen Moment zu schenken. Den Moment, in dem der Mensch aus der Dusche kommt, sich schön fühlt und nicht mehr auffällt, sondern einfach untertauchen kann in der Menge.” Das ist der Moment, den die Ehrenamtlichen von GoBanyo genießen und mitnehmen. 

Und die Politik?

“Die Politik macht es sich relativ einfach, solange es uns gibt”, sagt Anselm mit leichtem Kopfschütteln. Momentan füllt GoBanyo eine Lücke im System, ohne die viele obdachlose Menschen in Hamburg hygienetechnisch auf der Strecke bleiben würden. Einerseits braucht es diesen wertvollen Lückenfüller. Andererseits ermöglicht es gleichzeitig, dass Verantwortung von der Politik auf gemeinnützige Organisationen, wie GoBanyo und viele mehr, abgeschoben wird. Eine Zwickmühle. Wenigstens ist GoBanyo nicht von der Politik abhängig und kann frei öffentlich ein Zeichen setzen. 

Wie du GoBanyo supporten kannst

Du willst mit anpacken und Teil des Teams werden?
Jede helfende Hand wird gebraucht. Bei GoBanyo werden vor allem Helfende gesucht, die das Team auf regelmäßiger Basis unterstützen können. Eine einmalige Unterstützung ist daher leider nicht möglich. Wenn du also regelmäßig, das heißt 1x im Monat, 1x in der Woche oder sogar jedes Wochenende bei GoBanyo unterstützen möchtest, melde dich doch direkt bei dem Team. Wichtig: Es muss nicht super regelmäßig sein - GoBanyo organisiert sich ganz unkompliziert über eine Schichtplanungs-App, die alle Freiwilligen bekommen.


Stella freut sich über deine E-Mail.
Schick deine Nachricht einfach an: [email protected]



Kleidung Hanseatic Help
Gemeinsam mit Hanseatic Help stellt GoBanyo den Gäst:innen frische Kleidung zur Verfügung. In der Kleiderkammer nimmt Hanseatic Help Kleider- und Hygienespenden an, sortiert und leitet sie bedarfsgerecht und kostenfrei an mehr als 300 Einrichtungen für Menschen in Notlagen weiter. Vor allem im Winter wird warme Kleidung gebraucht. Wenn du Kleidung spenden möchtest, kannst du das hier.

Geldspenden
Du möchtest GoBanyo’s Mission unterstützen, hast aber momentan nicht genug Zeit, um selbst anzupacken? Kein Problem! Unterstütze GoBanyo mit einer Geldspende.

Die Bankverbindung findest du hier:
GoBanyo gGmbH, IBAN: DE73200505501251135370, BIC: HASPDEHHXXX

Oder du machst das Ganze direkt über Paypal.

GoBanyo’s Website
https://gobanyo.org 

GoBanyo’s Profil in der letsact App
→ Einfach GoBanyo in der letsact App suchen

GoBanyo Instagram
https://www.instagram.com/gobanyo/ 

“Hier gab es noch keinen Tag, an dem ich keine Lust hatte zur Arbeit zu gehen, weil es tolle Kolleg:innen gibt und wenn einer dabei ist, der “Danke” sagt, ist das schon schön”, sagt Susann mit einem Lächeln.

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Über DIE AUTOR*INNEN
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Das 'letsact-Team' vereint die Stimmen ehemaliger Autor*innen – engagierte Mitarbeiter*innen und Freiwillige, deren Beiträge weiterhin unsere Mission beleben. Ihre Geschichten prägen letsact's Erbe, inspirieren zu Ehrenamt und Gemeinschaft.

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